Neue Namensteine für Zwangsarbeiter-Gedenkanlage

Mesum – Als im Oktober 2011 die Gedenkanlage für die in Mesum umgebrachten 20 Kinder der Zwangsarbeiterinnen eingeweiht wurde, stand schon fest, dass auch die gleich daneben liegenden Namensteine der zehn hier verstorbenen Zwangsarbeiter erneuert werden mussten. Denn auf darauf mussten nicht nur Namen und Daten, sondern auch das Heimatland vermerkt sein.

Da die alten Kissensteine aus Sandstein nicht um den Schriftzug vom Heimatland zu erweitern waren, setzte sich die Geschichtswerkstatt Mesum dafür ein, neue Namensteine anfertigen zu lassen. Man wählte dazu das gleiche Material und die gleichen Schrifttypen wie für die drei Gedenkstelen nebenan für die Kinder. Steinmetzmeister Peter Bruning übernahm die Herstellung und verlegte am Donnerstag die neuen Namensteine am alten Ort, wo sie nach wie vor den Weg auf den Seiteneingang zu der alten Kirche säumen.

Fortan kann sich jeder Betrachter leicht über die Namen der Toten, denen hier ein ehrendes Gedenken gewahrt bleibt, informieren. Erinnert wird damit an das unsägliche Schicksal der aus ihrer Heimat herausgerissenen neun Männer und eine Frau, die von den NS-Schergen gezwungen wurden, in Deutschland unter menschenunwürdigen Bedingungen, zumeist in Mesumer Industriebetrieben, zu schuften und dabei umkamen. So sind die zehn neuen Grabsteine ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen und eine ständige Erinnerung an vergangenes Unrecht.

Namentlich sind so festgehalten: Bohdam-Laszeck Cherzynski aus Polen, Grigory Clexejenko aus der UdSSR, Mieczylaw Giszak aus Polen, Ludwig Hervath aus Tschechien, Johannes Hofmann aus den Niederlanden, Michael Jazeschen aus der UdSSR, Emil Seidel aus Polen, Alexander Wernijora aus der UdSSR, Johann Wozney aus Polen und Ludmilla Pischanowa aus der UdSSR. Schaut man sich die Geburts- und Sterbedaten an, dann ist letztere die einzige Frau und zugleich die Jüngste der in Mesum Verstorbenen: Sie wurde im Juli 1942 nach Mesum verschleppt und war an ihrem Todestag, dem 9. Februar 1943, erst 16 Jahre, zwei Monate und 20 Tage alt. Das Durchschnittsalter aller beträgt 29 Jahre.

Als die ehemaligen Zwangsarbeiterinnen Tamara Iwanovna Lastovenko, Olga Semjonovna Subez, Klawdia Lawrentjevna (Klara) Bessarabova, Wera Kirillovna Schuleshko, Ljubov Jakowlevna Kapranova und Polina Wasiljevna Dubovskaja auf Einladung der Stadt 2001 in Rheine weilten, war es ihr großer Wunsch, auch Mesum und den Friedhof zu besuchen. Dort gedachten die Frauen unter Tränen ihrer Freundin Ludmilla Pischanova, die 1943 im Alter von 16 Jahren im Mesumer Lager gestorben war, und legten auf dem Grab Blumen nieder. „Jetzt können wir endgültig von Ludmilla Abschied nehmen,“ sagten sie nach stillem Gebet und schweigendem Gedenken am Grab.

Über das Schicksal der Verstorbenen und darüber hinaus zum Komplex „Zwangsarbeit in der NS-Zeit in Mesum“ erarbeitet die Geschichtswerkstatt Mesum zur Zeit in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachleuten und Institutionen eine Publikation in Form einer Dokumentation zum Thema „Die (un)vergessenen Kinder – Spurensuche. Das System der Zwangsarbeit im Münsterland 1933 – 1945“.

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Steinmetzmeister Peter Bruning verlegte mit seinem Mitarbeiter die neuen Kissensteine

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Der neue Stein für die Jüngster der in Mesum Verstorbenen: Ludmilla Pischanowa

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Nach wie vor säumen die zehn Namensteine am Weg zum Seiteneingang der alten Kirche

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Die ehemaligen russischen Zwangsarbeiterinnen legten bei ihrem Besuch 2001 Blumen am Grab von Ludmilla Pischanowa nieder

Bilder: Greiwe

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