„Ich hab mich zuerst selbst nicht wiedererkannt!“

Vor 40 Jahren trugen sie im Kindergarten noch Hängekleidchen und Lederhosen, heute sind sie gestandene Geschäftsfrauen oder Feuerwehrchef. Sieben ehemalige Kindergartenkinder erinnerten sich vor laufender Kamera an ihre Kindergartenzeit. Wie die aussah und wie die Ehemaligen sie erlebten, wie sie heute leben und darüber erzählen, dieser spannenden Geschichte ging für die WDR-„Lokalzeit Münsterland“ der Fernsehjournalist Dieter Brandt am Freitag in Mesum nach und machte daraus eine Reportage, die in den nächsten Tagen gesendet wird.

Sein Team mit Kameramann Peter Czaba und Tontechniker Roland Mattigk besuchte dazu zunächst den Kindergarten St. Josef. Denn hier begann alles damit, dass die Leiterin Magdalene Strotmann-Kazemi vor Weihnachten zufällig in einem alten Schrank ein altes Filmschätzchen entdeckte. Der Schmalfilm entstand zwischen 1965 und 1967 im alten Gebäude (heute HOT) und zeigte Episoden aus dem Kindergartenalltag vor 40 Jahren: Spiel, Nikolausbesuch, Karnevalsfeier. Das alles führte zwangsläufig zu einem reizvollen Vergleich von Kindergartenarbeit damals und heute.

Dieser Aspekt stand dann auch, zumeist mit vielen lustigen Anmerkungen und großem Gelächter verbunden, im Mittelpunkt der Gespräche beim Filmbetrachten und Interviews mit den ehemaligen Kindergartenkindern Petra Wienkamp, Wiltrud Ebbing, Inge und Christiane Stöveken, Mechtild Röwemeyer, Günter Osterbrink und Klaus Hüls. „Ich hab mich zuerst selbst nicht wiedererkannt!“, bekannte eine von ihnen, während andere dagegen auf Anhieb sich sofort sahen und viele andere mit Namen benennen konnten: „O, das ist Stefan! Der hat sich ja kein bisschen verändert!“ Auch freudige Überraschungen konnten nicht ausbleiben: “ Das ist ja mein Mann!“ Oder: „Mit dem waren wir auch im Kindergarten zusammen? Was macht der eigentlich heute?“

Der alte Film stieß auf ungeahnte Resonanz, waren sich alle einig. Gleich nach der Veröffentlichung liefen die ersten Anrufe im Kindergarten auf, so Leiterin Magdalene Strotmann-Kazemi. Alle fragten nach einer Kopie, um zu schauen, ob auch sie im Film festgehalten wurden. Einer hatte gar in Amerika im Internet vom Filmschätzchen erfahren und bestellte jetzt über seine Mutter in Mesum ein Exemplar. Ein anderes ging zu Schwester Hannelore nach Berlin, weil auch sie sich als Jutta Huesmann in den Aufnahmen wiedererkannte. Der Film war kürzlich auf dem Geburtstag von Wiltrud Ebbing, heute Wienkamp, „Gesprächsthema Nummer eins. Alle fragten nur noch: Hast du schon den Film gesehen?“

Inzwischen bekam die Gruppe insgesamt etwa 50 Namen der Ehemaligen heraus. Erkannt wurden auch Wolf-Rüdiger Wilms als Nikolaus, Kaplan Godehard Schilgen und natürlich die Kindergartenleiterin von damals, Schwester Eudocia mit den Erzieherinnen – „Fräuleins waren das damals!“ – Martina und Christa. Martina drehte den Film und ist leider schon verstorben. Christa König wurde in Oldenburg, wohin sie sich verheiratete, ausfindig gemacht. Leider konnte sie zu dem Treffen und den Filmaufnahmen nicht nach Mesum kommen.

All diese Stimmungen, Erzählungen, Aufgeregtheiten und Erinnerungen versuchte Dieter Brandt für seinen Filmbeitrag aufzufangen. Dazu besuchte er die Geschwister Stöveken, Mechtild Röwemeyer und Petra Wienkamp zu kurzen Interviews auch an ihrem Arbeitsplatz. Günter Osterbrink, inzwischen Löschzugführer bei der Feuerwehr in Mesum, traf er beim Feuerwehrgerätehaus an. Schließlich wollte Günter doch als kleiner Junge „immer schon“ Feuerwehrmann werden, wie er freimütig vor laufender Kamera bekannte. Kein Wunder, waren doch sein Großvater und Vater ebenfalls in der Mesumer Feuerwehr tätig. Dabei sein Vater wie er ebenfalls als Löschzugführer.

So wurde immer wieder lustvoll der Bogen aus den 60-er Jahren in die Gegenwart geschlagen. „Lieb sein, Arme verschränken, still sitzen, das Mündchen fest verschließen, geordnet in Reihen gehen!“ Was im Film in nahezu allen Filmszenen gut zu erkennen war, erlebten alle in der Rückschau noch einmal als fest eingefahrene Rituale, Verhaltensregeln und pädagogische Zielsetzungen im damaligen Kindergarten nach. Ordnung und Disziplin, dafür habe Schwester Eudocia gestanden, erinnerten sie sich mit noch etwas Grausen. Das galt selbstverständlich auch beim Karnevalsfeiern. Bei aller Maskerade hatte dabei eine wohldurchdachte Ordnung bei Polonaise und Spiel zu herrschen.

Da heben sich die moderne Kindergartenarbeit und pädagogische Zielsetzungen von heute natürlich sichtlich ab. Deutlich wurde im Vergleich, dass es nicht nur Unterschiede in der Kindermode gibt. Auch das fing Dieter Brandt als Kontrast dazu im Bild ein, unterstützt durch ein Gespräch im Josefs-Kindergarten mit Magdalene Strotmann-Kazemi.

„O, ist der Film schon zu Ende?“ Wahrscheinlich hätte die Runde noch stundenlang zum Ende der Dreharbeiten im Kindergarten weitergucken und sich köstlich amüsieren können. Da mochte so recht niemand nach Hause gehen, vor allem nicht, als dann noch einige alte Fotoalben und Bilder aus dem Kindergartenarchiv auf den Tisch kamen. Jetzt warten alle gespannt auf den Fernsehbeitrag in der „Lokalzeit Münsterland“ im WDR III. Einen Sendetermin konnte Dieter Brandt nicht benennen. Er wird aber rechtzeitig bekannt gegeben.


Aufnahmen in der fröhlichen Gesprächsrunde im Kindergarten mit v.l. Kamermann Peter Scaba, Tontechniker Roland Mattigk und Dieter Brandt


Aus dem Kindergartenkind von einst wurde der Mesumer Feuerwehrchef: Günter Osterbrink (v.l.) im Interview mit Dieter Brandt


Dreharbeit im Dorf mit v.l. Wiltrud Wienkamp (Ebbing) und WDR-Team mit Dieter Brandt (Mitte)


Kindergarten 40 Jahre später: Leiterin Magdalene Strotmann-Kazemi im Gespräch mit Dieter Brandt

Bilder & Text: F. Greiwe