Grundschüler aus Mesum reinigen Kriegsgräber auf dem Friedhof Königsesch

Etliche Besucher blieben am Dienstagmorgen auf dem Friedhof Königsesch überrascht stehen. Denn was sie da sahen, war zugleich ungewöhnlich und beeindruckend. Da reinigten und schrubbten Viertklässler von der Johannes-Grundschule Mesum mit Eifer und Begeisterung, aber zugleich großem Ernst die Grabkreuze der rund 200 Kriegstoten.

Das sah auch Dechant Dr. Kaulig so, der nach einer Beerdigung vorbei kam und die Aktion anerkennend „sehr schön fand, weil hier Schüler sich nicht nur theoretisch, sondern ganz konkret vor Ort auf Spurensuche begeben und aktiv etwas mit ihrer Hände Arbeit machen.“ So werde ihnen im wahrsten Sinne des Wortes etwas be-„greifbar“ gemacht.

Mit initiiert wurde die Aktion durch Ingo Federhenn-Vortherms, dem Beauftragten für die Jugendarbeit im Münsterland vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Er hatte erfahren, dass sich die Klasse 4a wiederholt mit Themen aus der NS-Zeit, dem 2. Weltkrieg und der Nachkriegsnot beschäftigte. Dazu hatten sich die Kinder ihre auch Großväter als Zeitzeugen in den Unterricht eingeladen, um von ihnen authentisch über diese Zeitepochen zu erfahren.

Spuren des Krieges und kriegerischer Auseinandersetzungen gebe es auch in unmittelbarer Umgebung der Schüler. Darauf machte Ingo Federhenn-Vortherms sie aufmerksam, als er Kontakt mit der Klasse aufnahm: „Krieg fand vor eurer Haustür und in eurer Familie statt.“ So erfuhren die Kinder, dass es auf den Friedhöfen in der Stadt viele Gräber von Kriegsopfern und Zwangsarbeitern gebe. Sein Vorschlag, diese zu besuchen und dabei gleichzeitig zur Pflege beizutragen, fand auf Anhieb Zustimmung bei den Viertklässlern.

Die befassten sich darüber hinaus noch viel tiefer und intensiver mit dem Thema und Vorschlag, so Klassenlehrerin Angela Prenger. Am Vortag übernahmen sie einhellig und auf eigene Initiative zusätzliche Hausaufgaben: „Wir basteln uns für den Friedhofsbesuch jede® ein Kreuz und bringen Blumen mit. Außerdem schreiben wir ganz persönliche Texte und Gebete für eine kurze besinnliche Gedenkfeier angesichts der Gräber.“ Leiten ließen sie sich dabei vom Leitgedanken: „Und ihr, die ihr im Leben steht, traget Sorge für den Frieden zwischen den Menschen, zwischen den Völkern.“ „Wenn wir ein Grab pflegen und dort beten, fühlen wir uns verbunden mit den Verstorbenen,“ sagte ein Schüler. Ein anderer: „Krieg ist immer schrecklich. Da gibt es nur Verlierer.“

Mit Eimern, Schrubbern, großen und kleinen Bürsten rückten die Kinder dann an, ließen sich kurz von Ingo Federhenn-Vortherms einweisen, holten sich Wasser und begannen unaufgefordert mit ihrer Arbeit. Da wurde aber nicht nur geschrubbt, sondern auch die Inschrift gelesen. Da wurde so manch fleißiger Putzer doch sehr nachdenklich: „Der war ja erst 20 Jahre alt, als er starb.“ Oder vor einem anderen Grab: „Das kann ja ein Familienvater gewesen sein. Da waren die Kinder ja ohne Vater.“ Oder: „Der war ja so alt wie mein Vater jetzt ist.“

Die Intensität der Begegnung mit den Folgen des Krieges ließ nicht nur die Kinder, sondern auch die zufällig vorbeischauenden Friedhofsbesucher nachdenklich zurück. Solche Sensibilisierung sei wichtig für die Aufarbeitung von Themen wie „Arbeit für Frieden“ und „Aktionen gegen rechtes Gedankengut“, die der Volksbund betreibe, umschrieb Ingo Federhenn-Vortherms die Zielsetzung. Er sei schon überrascht, wie intensiv sich schon Grundschüler mit dieser Thematik auseinandersetzen könnten. „Das erlebe ich so zum ersten Mal“, zeigte er sich beeindruckt.

In der Regel wende sich der Volksbund eher an ältere Schüler und Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren, die man dann zu Jugendlagern in ganz Europa einlade, um Kriegsgräber zu pflegen und so einen Beitrag zu mehr Frieden zu leisten. Da stehe der Landesverband (Tel. 02018423724) gern für weitere Informationen zur Verfügung.


Ingo Federhenn-Vorthelms (l.) wies die Klasse 4a mit ihrer Klassenlehrerin Angela Prenger (r.) auf dem Friedhof ein


Dechant Dr. Kaulig lobte die Aktion der Mesumer Viertklässler


Wie Luca waren alle Grundschüler eifrig bei der Sache


Christine (l.) und Lena zeigten ihre selbstgebastelten Kreuze, die sie wie alle für die Gedenkfeier mitgebracht hatten

Text und Bilder: Franz Greiwe