40 Jahre altes Filmschätzchen entdeckt

Dass vorweihnachtliche Aufräumarbeiten mitunter nicht nur Wegwerfartikel zum Vorschein bringen, bewahrheitete sich im Kindergarten St. Josef an der Nielandstraße. Dort stand jahrelang im Keller ein Schrank mit einem verschlossenen Fach, zu dem ein passender Schlüssel fehlte. Darum bat die Leiterin Magdalene Strotmann-Kazemi in diesen Tagen Josef Boße, der als Küster auch hausmeisterlich für die Kindergärten mitarbeitet, dort nach dem Rechten zu sehen.


Als das Fach geöffnet war, entdeckten beide in einer Kiste alte Filmgeräte: eine 8 mm – Schmalfilmkamera, eine Filmleuchte, einen Projektor und drei Filmrollen. Letztere wurden zur Begutachtung zum Filmfachmann Heinz Schulte gebracht, der die Filme sichtete, restaurierte und zu einem Streifen zusammenklebte. So entstand ein vorführbereiter Film, den er gleichzeitig auch auf moderne Medien wie DVD überspielen und sichern ließ.

Schnell zeigte es sich dann bei der Vorführung, welch schönes und altes Filmschätzchen dabei zu Tage kam. „Nikolaus 1965“ ist als erste Filmsequenz betitelt. Sie zeigt die Kinder, die noch im alten Kindergarten im damaligen alten Krankenhaus – heute HOT „Alte Dame“ – den Nikolaus samt schwarzem Knecht empfingen und für ihn spielten, tanzten und sangen. Letzteres kann man allerdings nur aus den Lippenbewegungen entnehmen, denn der Film ist als Stummfilm aufgenommen und nicht vertont.

Es folgen dann verschiedene Filmabschnitte und Themen. Leider ist nur noch eine mit „Karneval“ überschrieben, weitere Jahreszahlen fehlen. Aus dem Inhalt kann man folgern, dass der Filmautor vermutlich über zwei Jahre im Kindergarten drehte. Denn noch einmal kommen der Nikolaus, erkennbar als andere Person, und eine Kinderkarnevalsfeier. Außerdem spielen in einer Bildfolge die Kinder auf dem Hof, wo damals noch das kleine Karussell stand, das später auf den Spielplatz „Hasenhöhle“ kam, wo es heute noch ein beliebtes Spielgerät ist.

Zum Ende des 35-Minuten-Filmes helfen die Kinder den Ordensschwestern, die den Kindergarten damals leiteten, und den Erzieherinnen bei Entrümpelungs- und Aufräumarbeiten. Handelte es sich dabei um Vorbereitungen zu Schließung des alten Krankenhauses im Frühjahr 1967? Das liegt aus zeitlichen und szenischen Gründen sehr nahe. Ende März 1967 wurde das neue Krankenhaus im Feld – heute Mathias-Stift – eröffnet.

Aus lokalhistorischer und sozialgeschichtlicher Sicht gewinnt der Film seine besondere Bedeutung durch seine pointierten, originellen Einblicke in die Kindergartenarbeit vor 40 Jahren. Da lief vieles noch in geordneten Zweierreihen ab. Die Räumlichkeiten sind noch, zu mindestens für Ortskundige, gut zu erkennen: Spielhof und Geräte, das große Zimmer, Eingänge, Hofgebäude. Das reizt den Betrachter zu Vergleichen mit heute. Außerdem legte der Kameramann viel Wert auf Großaufnahmen, so dass heute manch Kindergartenkind der Jahre 1965 bis 1967 darin sich und das Personal gut wieder erkennen wird. Da kann man über einige zu schnelle Schwenks und Unschärfen leicht hinwegsehen.

Wie immer bleiben bei der Betrachtung viele offene Fragen. Gab es einen besonderen Anlass, den Film 1965 zu drehen? Wer drehte ihn? Vieles deutete darauf hin, dass man damals vorhatte, über einen längeren Zeitraum eine filmische Dokumentation über den Mesumer Kindergarten im Dorf zu erstellen. Wahrscheinlich wurde dazu auch die Ausstattung mit Geräten angeschafft. Warum und wer war der Auftraggeber? Die Ausrüstung muss damals einiges gekostet haben, denn Filmen war ein sehr seltenes Hobby in Mesum. Warum blieb der Film so lange verschollen?

Das Filmprojekt sollte auf jeden Fall weitergehen, denn ein Film lag noch aufnahmebereit in der Kamera und nur teilweise belichtet. Das beweist, dass noch weitere Episoden aus dem Kindergarten aufgenommen werden sollten. Oder auch gar aus dem alten Krankenhaus? Warum aber wurde nicht weitergedreht? Vielleicht können sich ältere Mesumer ja noch an die Filmaufnahmen von damals erinnern und wissen einiges dazu.

Josef Boße und Magdalene Strotmann-Kazemi fanden im Kindergarten St. Josef die alten Filmschätzchen
Bild & Text: Franz Greiwe