Festliches Weihnachtsbrauchtum gestern und heute

Von Krippen, Weihnachtsbäumen, Glockengeläut und festlicher Musik  

Schaut man alljährlich in das weihnachtliche Brauchtum in Mesum, dann steht sicherlich im Mittelpunkt vieler Familien zunächst einmal die Krippe. Gleich, ob als liebevoll seit Jahrzehnten gepflegte Hauskrippe oder in moderner Form, kompakt oder in Einzelfiguren, aus Holz oder anderen Materialien, farblich gefasst oder schlicht. Daneben ist sicherlich der bunt und festlich geschmückte Baum das besondere Symbol für das Weihnachtsfest. „Weihnachten ohne Weihnachtsbaum wäre wie Romeo ohne Julia“, sagte einmal ein kritischer Betrachter. Wenn man ihn im Mesumer Ortszentrum auch ein wenig suchen muss. Fündig wird man am Josef-Kamp-Haus und vor dem Spieker. Und natürlich in verschiedenen Vorgärten, geschmückt mit Lichtbändern und Kerzen.


Ein Fest ohne den Weihnachtsbaum können sich die meisten Menschen kaum vorstellen.
Darum werden alljährlich rund 17 Millionen Nadelbäume dafür geschlagen und in die Wohnungen getragen, um dort mit glänzenden Kugeln, Lichtern, Kerzen, Lametta, Glöckchen, mit Nüssen und Plätzchen, mit kleinen Geschenken oder allerlei Selbstgebasteltem wie Strohsterne und Bildchen geschmückt zu werden. Da hat jede Familie ihre eigenen Vorlieben und Vorstellungen, geprägt von alten Familientraditionen oder beeinflusst von aktuellen Modetrends und Farben. 
 


Ein besonders großes und schönes Exemplar eines Weihnachtsbaumes steht vor dem Spieker

 
 

Wer jedoch angesichts der Beliebtheit und Bekanntheit des Tannenbaumes, der darüber hinaus noch in überlieferten Weihnachtsliedern besungen wird, meinen könnte, der Brauch sei sicherlich ebenso alt wie das Fest selbst, irrt sehr, wie Brauchtumsforscher, Historiker und Heimatkundler ermittelten. Wohlhabende Kaufleute und Bauern sollen im Elsass die ersten Exemplare, versehen mit buntem Papier, Äpfeln und Fäden, zu Ende des 16. Jahrhunderts zum Fest in ihre Stuben gestellt haben.

In unseren Breiten rückte der Baum in den Mittelpunkt des weihnachtlichen Familienfestes erst im 19. Jahrhundert. Der spätere deutsche Kaiser Wilhelm I. soll diesen Brauch im deutsch-französischen Krieg sehr gefördert haben, als er in den Frontlazaretten und in den Unterständen an der Front für die Soldaten Christbäume aufstellen ließ. Anschließend mochte manch Landser nach seiner glücklichen Heimkehr diese schöne Einrichtung nicht mehr missen und pflegte sie fortan zu Hause weiter. Ließen sich doch daran trefflich vor allem zur Freude der Kinder viele leckere Kleinigkeiten anhängen: Nüsse, Gebäck, Zuckerwaren, Äpfel und andere Früchte. Bunt musste der Baum aussehen, darum kam gern noch Flitter hinzu und die Nüsse wurden vergoldet.

Im Tecklenburger Land in Lienen, so berichtet die „Volkskunde im Tecklenburger Land“ (Tecklenburg 1974, S.109), war der Weihnachtsbaum schon um 1850 und damit früher als bei uns bekannt: „An’n ersten Wiehnachtsdag muordens kwaim dat Christkinneken un brachte en Wiehnachtsbaum. De was bunt maket mit Appel und Nütte, un bi de Buren wören der auk en Paar Käßen anne.“ Für alle, die der plattdeutschen Sprache nicht mehrmächtig sind, die Übersetzung: „Am ersten Weihnachtstag morgens kam das Christkind und brachte den Weihnachtsbaum. Der war bunt geschmückt mit Äpfel und Nüsse, und bei den Bauern waren da auch ein paar Kerzen dran.“

Brauchtumsforscher Hermann Reckels bestätigt in seiner „Volkskunde des Kreises Steinfurt“ (Burgsteinfurt 1932, S. 220), dass „der lichtergeschmückte Christbaum in unserer Gegend noch nicht lange heimisch“ und erst „in den letzten Jahren üblich geworden ist“. Schauen wir darum genauer in die Mesumer Geschichte zurück. Dabei entdecken wir deutliche Hinweise von diesem alten Brauch erst um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert.

Möglicherweise setzte er sich zu diesem Zeitpunkt hier bei uns so richtig durch. Als Beleg kann für unsere Annahme eine frühe Schmunzelgeschichte der Mesumer Mundarterzählerin Josefa Heitmann (1900 – 1976) dienen, die eine vergnügliche Begebenheit voller Bauernschläue zum Inhalt hat, die sich vor 100 oder etwas mehr Jahren in Mesum so abgespielt hat. Damals war es durchaus an der Tagesordnung, den Baum zum Fest einfach aus dem nächsten Wald zu „holen“, ohne sich vorher mit dem Waldbesitzer abzusprechen. Weihnachtsbaummärkte und -verkäufe wie heute üblich gab es damals in dieser Form nicht.
 
 


Tannenbäume gehören als grüner Schmuck in jede Kirche wie hier im Chorraum von St. Johannes Bapt.
 
 

Darüber lässt Josefa Heitmann sich zwei Frauen auf ihre deftige Weise unterhalten: „Sägg äs, ut de Wiehnachtsbaumklauerie, mäks du di dao nix drut? Ligg di datt nich upt Gewietten?“ „Nee, dao is mi noch nie wat von infallen. Ick sätt mi Wiehnachten in de Kiärk imme ächtern de Buern, de ick eenen Baum weghalt häbb. Un bi dat Vater – unser- Gebiät kiek ick de immer up de Muhle. Wenn de dann biät’t ‚Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, dann is mien Wiehnachtsbaum met inschluotten.“

Auch hier die Übersetzung: „Sag mal, machst du dir eigentlich nichts daraus, einen Weihnachtsbaum zu stehlen? Belastet das nicht dein Gewissen?“ „Nein, davon ist mir noch nie etwas eingefallen. Denn ich setze mich Weihnachten in der Kirche immer hinter den Bauern, dem ich den Baum weggeholt habe. Und beim Vater-unser-Gebet schau ich ihm auf den Mund. Wenn er dann betet: ‚Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern’, dann ist mein Weihnachtsbaum(stehlen) bei ihm mit eingeschlossen (und mir vergeben).“

Das Aufstellen von Weihnachtsbäumen ist nicht der älteste, aber der am weitesten verbreitete alte Brauch. Neben Vorgärten, Einkaufsstraßen und Wohnungen werden in diesen Tagen auch die Gotteshäusern in Mesum zu den Festgottesdiensten festlich geschmückt. Der immer grüne Baum hat von seiner Faszination nichts eingebüßt.

Neben Krippe und Tannenbaum gehört weihnachtliche Musik in jeglicher Form zum Fest. Das beginnt mit dem Einläuten der Christnacht in der Vornacht zur heiligen Nacht. Diesmal ertönen die Glocken von Freitag auf Samstag von 2 bis 2.15 Uhr. . Nach alter Überlieferung singen dabei die Glocken: „Bimmele, bammele, dat Chriskind kümp dranne. Wo kümp et denn dranne? Bi Stiäkers Heck, bi´n Krusen Baum.“ Überträgt man den von Luise Achterkamp überlieferten Vers, dann kommt alljährlich das Christkind von Süden her nach Mesum, wo es einen Augenblick vor dem Ortseingang verweilt, genau bei den „Krusen Bäumen“, von denen heute nur noch eine mächtige Eiche erhalten blieb.
 
 


Gen Süden, dort woher nach alter Überlieferung das Christkind kommt, blickt der Mesumer Kirchturm, von dem in der Vornacht zu Weihnachten die Glocken läuten
 
 

Um etwas andere Musik geht es einen Tag später. Jedes Mal an Heilig Abend zieht der Musikzug der Feuerwehr Mesum kreuz und quer durch Mesum und spielt an verschiedenen Plätzen und Straßenecken festliche Musik, um dort die Bewohner auf das Weihnachtsfest einzustimmen. Diesmal treten sie am Samstag auf um 15.45 Uhr auf dem Spielplatz Hasenhöhle, um 16 Uhr an der Franz-Sellhorst-Straße, um 16.15 Uhr am Prozessionsweg, um 16.40 Uhr am Ploogweg, um 17.05 Uhr an der Bürgerstraße vor dem Wegkreuz, um 17.20 Uhr im Mathias-Stift Mesum, wo sie im Foyer und auf den einzelnen Stationen musizieren, und abschließend um 17.50 Uhr auf dem Kirchvorplatz.

Musikalisch besonders festlich gestaltet sind die Gottesdienste in den beiden Mesumer Kirchen an den Feiertagen. Das beginnt am Heilig Abend um 16 Uhr in der evangelischen Samariter-Kirche mit dem Krippenspiel, dem um 18 Uhr der Gottesdienst folgt. Dabei wirken Annette Stein (Mezzosopran), Kevin Loe (Tenor) und Dr. John Moores (Piano) mit, die Arien aus dem „Elias“ von Mendelsohn-Bartholdy und dem „Messias“ von Händel aufführen. Am zweiten Weihnachtstag spielt um 10 Uhr der Posaunenchor aus der Jakobi-Gemeinde.

Tradition hat es, dass in der katholischen St. Johannes-Kirche der Heilig Abend um 15 Uhr ebenfalls mit einer Krippenfeier für die jüngeren Kinder beginnt, wo Mini- und Maxichor singen. Der ältere Jugendchor gestaltet den Familiengottesdienst um 17 Uhr mit. Am ersten Feiertag singt um 8 Uhr der Kirchenchor, um 9.30 Uhr spielt das Kolpingblasorchester Saerbeck. Die Feuerwehrkapelle Mesum wirkt am zweiten Festtag um 8.30 Uhr mit.

Von allen Festtagswünschen und Bräuchen gilt für Kinder eines ganz besonders zum Weihnachtsfest: Dass es wie am vergangenen Wochenende schneit, es eine weiße Weihnacht gibt und sie wie hier auf den Hügeln am Mathias-Stift nach Herzenslust rodeln und im Schnee tollen können. Weiße Weihnacht ist nach wie vor eine der schönsten Traditionen, verbunden mit vielen Bräuchen.
 
 


Schlittenfahren können, das wünschen sich mit einer weißen Weihnacht gewiss alle Kinder wie hier die drei- und vierjährigen Elena, Daniel und Leonie auf dem Schneehügel am Mathias-Stift
 
 

Text und Fotos von Franz Greiwe