Dorfeiche wird gefällt

Wahrscheinlich hat die alte und mächtige Eiche an der Alten Bahnhofstraße am Eingang zum Josef-Kamp-Haus schon ein gesegnetes Alter von nahezu 200 Jahren auf dem Buckel. So jedenfalls schätzt man beim Heimatverein Mesum. Vor Jahrzehnten erkor er sie darum, aber nicht zuletzt auch wegen ihre Schönheit und ihres dorfbildprägenden Charakters zur „Dorfeiche“ und zeichnete sie durch ein entsprechendes Hinweisschild aus: „Dorfeiche – Diese Eiche ist älter als 170 Jahre. Sie wurde ca. im Jahre 1820 gepflanzt.“

Zufällig entdeckte ein aufmerksamer Bauhofmitarbeiter unten im Stamm eine verdächtige Öffnung: „Ein merkwürdiges Loch.“ Aber dieses hatte es im wahrsten Sinne des Wortes in sich. Denn als sich daraufhin die Baumexperten der Stadt Rheine diesen Schaden an dem Eichenstamm einmal genauer ansahen und sich einen tieferen Einblick verschafften, stießen sie „auf eine hochgradige Ausmorschung im Innern“, wie Klaus-Dieter Twesten vom Amt Öffentliches Grün im Fachbereich Planen und Bauen beschrieb. Äußerlich sah man dem Baum allerdings die gravierende Schädigung noch nicht an. Allerdings wollen Nachbarn bemerkt haben, dass der Baum seit Jahren keine neuen Triebe mehr entwickelte.

Nur noch eine dünne, intakte Restwandstärke trug den mächtigen Baum. Das bedeutete, so Klaus-Dieter Twesten, „in diesem Bereich bei dem Kronenvolumen und tonnenschwerem Gewicht eine akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.“ Er wertete es eher als „glücklichen Zufall, dass bisher noch nichts passierte.“ Da lag das Urteil der Experten, sicherlich auch im Vergleich zu dem plötzlich Umsturz der alten Akazie am Samstag an der Kirche, die äußerlich auch keine Hinweise auf ihren inneren Zerfall gezeigt hatte, nahe: „Die Dorfeiche muss sofort gefällt werden. Auch ohne eine Windböe kann der Baum eines Tages plötzlich zusammenbrechen.“

Diesem Todesurteil für das schöne Baumstandbild konnte und wollte sich Joachim Stein als Besitzer der Dorfeiche nicht verschließen. Er entschied sich auf Anraten der Fachleute für das sofortige Fällen des alten Baumes. Schweren Herzens, versicherte er: „Ich kam mir vor wie bei einer Hinrichtung!“ Ein Hinauszögern wäre aber aus seiner Sicht nicht vertretbar gewesen: „Die Verantwortung dafür will ich nicht übernehmen. Die kann mir auch niemand abnehmen.“

Ein Fachunternehmen begann darum gleich am frühen Mittwoch mit den Fällarbeiten. Die Mitarbeiter rechneten bei dieser Baumgröße mit „mindestens einer Tagesarbeit“, um den Baumriesen zwischen den Häusern niederzulegen. Stück für Stück entfernten sie zunächst die Baumkrone, um dann den Stamm auseinanderzusägen.

Einig waren sich Joachim Stein und Klaus-Dieter Twesten darüber, dass dort wieder ein Baum, am besten eine Eiche, gepflanzt wird. „Auf keinen Fall wird hier ein neuer kleiner Parkplatz entstehen,“ so Stein. Darum bleibe auch das Rondell erhalten. Gemeinsam mit dem Heimatverein könne er sich eine Lösung für die Neubepflanzung und –gestaltung denken. Da die Eiche in ihrem Bestand nicht nur durch die Baumschutzsatzung der Stadt, sondern außerdem noch im Bebauungsplan in ihrem Erhalt gesichert war, müsse es an gleicher Stelle eine Neuanpflanzung geben, erläuterte Twesten.


Das Loch im Stamm offenbarte die völlige Ausmorschung der Dorfeiche


Stück für Stück trugen die Fachleute zu die mächtige Krone der Eiche ab

Text und Bilder: Franz Greiwe