Große Befürchtungen vor Lidl-Ansiedlung in Mesum

„Zum Thema ,Wirtschaft vor Ort in Mesum — Zukunft für den Mittelstand in unserer Region“ haben wir uns kompetente Gesprächspartner eingeladen“, begrüßte CDU-Ortsvorsitzender Dieter Simon am Montagabend nicht nur zahlreiche Gäste, sondern als Referenten bei der Podiumsdiskussion vor allem Landrat Thomas Kubendorff und den CDU-Bürgermeisterkandidaten Georg Beckmann und dazu noch die Ratsmitglieder Josef Niehues und Resi Overesch.

Vor der Diskussion gab es jedoch eine kleine Stippvisite vor Ort bei Mesumer Mittelständlern. Zunächst besichtigte die CDU-Delegation den Hof Schulte Mesum „als ein sehr gelungenes Beispiel, wie man ein altes Denkmalgebäude fachgerecht und modern genutzt zu Wohnungen und Büro umgestalten kann“, wie Dieter Simon hervorhob. Sowohl für das ehemalige Bauernhaus als auch für die Brennerei blieb dabei die historische Außenhaut erhalten, während das Innere allen Ansprüchen der jetzigen Zeit entspricht.

Hofbesitzer Karl-Heinz Schulte Mesum und sein Sohn Lars, Architekt mit eigenem Büro in der Anlage, erläuterten das Gesamtkonzept. Dazu gehört nicht allein die Umstrukturierung alter Bausubstanz, sondern auch eine beeindruckende und zugleich harmonische Einbindung in die umgebende Bebauung, die mit ihrer Ruhe und Schlichtheit die Schönheit des ehrwürdigen Denkmals fein betont.

Bei einem Abstecher zum neuen Friedhof stellten die Kirchenvorstandsmitglieder Hubert Overesch und Klaus Höfker die neue Friedhofsanlage vor. Hier zeigten sich Thomas Kubendorff und Georg Beckmann sichtlich beeindruckt vom hohen Maß an Initiative und Eigenleistungen der Mesumer beim Bau der neuen Friedhofskapelle, wozu sie rund 400 000 Euro durch Eigenleistungen und Spenden aufbrachten. Auf Anerkennung und Lob stießen dabei die gelungene Architektur und Gesamtgestaltung.

Wie sehr die Wirtschaftskrise ein mittelständisches Unternehmen treffen kann, erlebten die Besucher bei der Storm GmbH an der Neuen Stiege. Das Familienunternehmen, das im Maschinenbau auf dem Zulieferersektor bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigt, erlebte in jüngster Zeit starke Auftragseinbrüche, informierte Geschäftsführer Peter Storm bei einem Rundgang durch die großen, neuen Hallen. Die Bestellungen gingen teilweise dramatisch um 40 bis 50 Prozent zurück. Bittere Konsequenzen ließen sich darum nicht vermeiden: Rückgang vom Drei-Schicht-Betrieb auf eine eingeschränkte Ein-Schicht-Produktion, Reduzierung der Belegschaft, Entlassungen in größerem Umfang bei Leiharbeitern und auch bei Festangestellten. Die neue Kurzarbeiterregelung erlaube es aber, viele der guten Facharbeiter weiter zu beschäftigen. Wenngleich Besserung gegenwärtig nicht in Sicht sei, hoffe man aufgrund einer soliden Eigenkapitalstruktur, erarbeitet in erfolgreichen Jahren, gut aufgestellt die Krise meistern zu können.

Wege daraus versuchten im abendlichen Gespräch Landrat Thomas Kubendorff und Georg Beckmann aufzuzeigen. Sie nannten dazu als Stichworte die Millionen aus den Konjukturpaketen des Bundes, ergänzt durch Summen aus den Haushalten von Kreis und Kommunen. Im Kreis stellte Landrat Kubendorff stark unterschiedliche Auswirkungen der Krise fest: Während es bei Unternehmen wie apetito und Coppenrath&Wiese gut laufe, träfe es Maschinenbauern sehr hart. Kurz ging er dabei auf die große Bedeutung des Flughafens FMO für die heimische Wirtschaft ein. Eine wichtige Rolle bei einer dauerhaften und zukunftsweisenden Krisenbewältigung käme auch den umfassenden Bildungsangeboten und dem Tourismus im Kreis zu.

Wenngleich der Stadtteil Mesum als Nahversorgungszentrum im Südraum von Rheine insgesamt gut aufgestellt sei, wollte Georg Beckmann keinesfalls Problempunkte verkennen. Leerstände, „die aber keinesfalls Mesum-typisch sind“, dürften nicht darüber hinweg täuschen, dass es „hier mit fast 100 Einzelhandelsgeschäften, Industrieunternehmen, Handwerkern, gastronomischen Betrieben, Praxen und Dienstleistern einen großen Arbeitsplatzstandort gibt: Vom klassischen Ein-Mann-Betrieb bis zur Größe von 200 Beschäftigten ist in Mesum alles vorhanden. Es dürften mehr als 1000 Menschen hier in Lohn und Brot stehen.“

Große Sorgen, teilweise gar Angst, das zeigte sich schnell in der Diskussion, bereitet die kommende Ansiedlung von Lidl. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es demnächst einen weiteren Discounter in Mesum geben wird,“ fasste Ratsherr Josef Niehues den aktuellen Stand der Entwicklung hierzu zusammen. Das Oberverwaltungsgericht habe der Stadt zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem Lidl-Unternehmen geraten. Die Klage der Stadt gegen Lidl sei so gut wie abgewiesen. Jetzt gehe es Politik und Verwaltung darum, mit einer Schadensbegrenzung die Auswirkungen zu mildern.

Dazu gehöre, die Marktgröße auf 700 Quadratmeter zu beschränken und kein Sondergebiet auszuweisen, das dann eine Verdoppelung der Verkaufsfläche zulasse. Einig waren sich alle, dass es für einen weiteren Großdiscounter in Mesum keinen Bedarf gebe und dass eine solche Ansiedlung „alle Einzelhandelsbereiche treffen wird“, wie ein Kaufmann bitter klagte: „Die Discounter bieten heute alle Marktsegmente an, während wir in unserem Angebot genauestens reglementiert und eingeschränkt sind. Von Bürobedarf über Fahrräder, Kleidung, Elektroartikel, Blumen und Dünger bieten sie alles an, allerdings keine Fachberatung und Service. Das will der Kunde dann von uns kostenlos.“ Aufhalten könne Lidl, so vermutete Ratsherr Niehues auf Anfrage, eventuell nur noch eine Privatklage eines künftigen Anliegers gegen diese Ansiedlung an der Dechant-Römer-Straße.

Mehr Attraktivität und weitere pfiffige und innovative Ideen und Aktionen wie die „Mesum-Card“ der Werbegemeinschaft Mesumer Kaufleute seien ein richtungweisender Weg in die Zukunft, sah Georg Beckmann. In einigen Bereichen wie Drogerieartikel, bei Lebensmitteln und bei Foto-Optik besitze Mesum ein überdurchschnittliches Angebot mit Ausstrahlung über die Stadtteilgrenzen hinaus, habe eine Handelsumfrage in der Stadt ergeben. Daran gelte es weiterzuarbeiten, lobte der CDU-Bürgermeisterkandidat.


Beim Besuch der CDU-Delegation in der Storm GmbH mit in der vorderen Reihe v.l. Geschäfstsführer Peter Storm, Landrat Thomas Kubendorff, Georg Beckmann, Firmengründer Franz Storm und Marion Schmidt aus der Geschäftsleitung


Die CDU-Bürgerversammlung war gut besucht


Bei der Podiumsdiskussion v.l. Landrat Thomas Kubendorff, CDU-Vorsitzender Dieter Simon, Georg Beckmann und Ratsherr Josef Niehues


Im Gespräch vor der alten Brennerei v.l. Karl-Heinz Schulte Mesum, Georg Beckmann, Kreistagsabgeordneter Franz-Josef Achterkamp, Lars Schulte Mesum und CDU-Mitglieder

Text und Bilder: Franz Greiwe