Neue Straßennamen im neuen Baugebiet in „Mesum-Nord“

Mesums zur Zeit größte Baustelle muss man nicht lange suchen: Im neuen Baugebiet „Mesum-Nord“ wühlen sich große Baumaschinen in den Ackerboden, um rechts und links der Nielandstraße im großen Dreieck zwischen Norgerweg, Thiestraße und Lindvennweg und deren Randgebiete ein neues, riesiges Baugebiet entstehen zu lassen.

Im gesamten Gelände werden jetzt die Ver-und Entsorgungsleitungen gelegt. Dabei markieren Grenzsteine nicht nur die künftigen Baugrundstücke, sondern auch den Verlauf von sieben neuen Straßen und kleinen Stichwegen. Rund 190 Grundstücke werden bald bebaut werden können, das erste Haus ist fast bezugsfertig. Ein quer verlaufender Grünstreifen im südlichen Bereich, fast parallel zum Lindvennweg, lockert und gliedert das Wohngebiet auf.

Ältere Mesumer werden sich beim Anblick des neuen Baugebietes an die jüngste Geschichte erinnern, als kurz nach dem letzten Krieg Wohnraum sehr knapp war und dringend Baugrundstücke gesucht wurden. Ein Blick in Unterlagen aus der ersten Nachkriegszeit zeigt, dass der Gemeinderat dazu damals immer wieder Verhandlungen mit Grundstückseigentümern führte, die jedoch meistens scheiterten, weil die zum Austausch verlangten Flächen nicht gestellt werden konnten. Kein Landwirt wollte sich damals von seinem Grund und Boden trennen, so dass der Gemeinderat sich bereits mit dem Gedanken trug, die Enteignung eines Grundstückes an der Bürgerstraße in die Wege zu leiten.

Doch dann bot sich im Frühjahr 1949 „eine günstigere Lösung: Die Siedlung für vorläufig zehn Baustellen soll auf dem vom Gut Winterbrock in Erbpacht bereitgestellten Gelände am Burgsteinfurter Damm erstellt werden.“ Dabei wurde damals in der Gemeinde Mesum weitab vom Dorfkern der Grundstein für die größte „Mesumer Siedlung“ gelegt. Jene war so bedeutend, dass sie noch heute im Volksmund diese Bezeichnung trägt. In den Folgejahren wurde sie durch weitere große Flächen nach Osten hin ergänzt, so dass der gesamte Ortsteil Feld nach und nach mit dem alten Dorf zu einer geschlossenen Bebauung fand.

Zwar mussten in der Feldsiedlung vorwiegend Vögel als Paten für die Namensgebung der Straßen wie „Finkenstraße“, „Kuckucksweg“, „Sperlingstrasse“, „Ammerweg“ und „Spechtweg“ herhalten, aber dennoch wurde hier jedoch auch eine bekannte Mesumer Persönlichkeit mit der „Rektor-Kuper-Straße“ gewürdigt. Ursprünglich gab es hier sogar einen „Rektor-Kuper-Platz“, der jedoch später in den gleichnamigen Straßenzug einbezogen wurde. Heinrich Kuper war im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ein in Mesum sehr beliebter Pädagoge – u.a. fast 30 Jahre lang Schulleiter – und bekannter Kommunalpolitiker, Organist und Chorleiter, geachteter Zentrumsführer und Vizepräses der Kolpingfamilie. Anfang 1934 vertrieben die Nazis aus seinem Amt nach Osnabrück, wo er am 24. Februar 1934 unerwartet verstarb.

An die jüngere und jüngste Vergangenheit erinnern auch im neuen Baugebiet die Bezeichnungen für die sieben Straßen. Die Vorschläge dazu erarbeitete auf Wunsch der Stadt der Heimatverein Mesum, der hierzu das Vorschlagsrecht besitzt. In einer kleinen Folge sollen die Straßennamen vorgestellt und erklärt werden, damit vor allem die künftigen Anwohner um die Herkunft und Bedeutung der Bezeichnungen wissen.

Beginnen wir weit oben im Norden, wo eine der neuen Straßen von der Nielandstraße (in der Höhe Bohnenkamp) abzweigt, rechtwinklig nach Osten abknickt und im Hohe-Heide-Weg einmündet: „Grönings Hoff“. Dass die plattdeutsche Version „Hoff“ von „Hof“ abstammt und damit auf einen alten Bauernhof verweist, muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Spannender ist jedoch der erste Wortteil. Fabrik und Kunststoffwerk Gröning kennt in Mesum heute jeder, einen gleichnamigen landwirtschaftlichen Betrieb wohl kaum (noch) jemand. Dabei war diese Geländebezeichnung bis weit ins vorige Jahrhundert durchaus dort geläufig.

Ein kleiner Ausflug bis ins Mittelalter bringt Licht ins Dunkel. Damals entwickelte sich das Dorf Mesum aus vier kleinen Bauerschaften. Die nördlichste war „Clancdorpe“ und bestand aus den alten Höfen Glöe (Renger), Kruker (verschollen), Langeman (Deitermann) und Hersping (Hesping). Auf dem letzteren gab es gegen Ende des 19. Jahrhunderts keine männlichen Nachkommen. Die mündliche Überlieferung weiß, dass Bauer Hesping seinen Hof darum zunächst verpachtete, dann an den aufstrebenden Unternehmer Wilhelm Gröning verkaufte.

Als sich in wirtschaftlichen Krisenzeiten (Inflation, Weltwirtschaftskrise) die Firma Gröning von dem Bauernhof wieder trennte, wurden die gesamte Anlage abgebrochen und der Grundbesitz aufparzelliert und verkauft. So kam mancher Dorfbewohner zu einem eigenen Stück Land und Bauplatz. Während der alte Hofname Hesping immer mehr verloren ging – er wurde allerdings in der Straßenbezeichnung „Hespingswoort“ jenseits der Umgehung wieder aufgegriffen -, hielt sich der neuere Name „Grönings Hof“ viel länger im Bewusstsein der Mesumer.

Dazu trugen viel die Dorfschützen bei. Denn einer ihrer Vorgängervereine, der 1913 gegründete „Schützenverein Kolge, Thie und Venn“ (ab 1924 „Allgemeiner Bürger-Schützen-Verein“), feierte sein alljährliches Schützenfest in einem kleinen Waldstück immer auf „Grönings Hof“. Der alte Hof Gröning (Hesping) lag einst fast genau an der Stelle, wo ihm jetzt mit der neuen Straße ein (Namens)Denkmal gesetzt wird.


Mesums größte Baustelle: Rechts und links von der Nielandstraße entsteht das neue Baugebiet „Mesum-Nord“

Text und Bild: Franz Greiwe