Stadtteilbeirat und Bürger: Einstimmiges Votum für Erhalt der alten Josefschule

Am Ende einer längeren Debatte waren alle Mitglieder am Dienstagabend im Stadtteilbeirat Mesum und die zuhörenden Bürger einer Meinung: Die alte Josefschule samt Schulhof muss in und für Mesum erhalten bleiben. Das unterstrich nachdrücklich das einstimmige Abstimmungsergebnis zu einem gleichlautenden Antrag des Stadtteilbeirates an den Rat der Stadt Rheine. Informationshalber ließ Vorsitzender Rudolf Kölling-Gröning dazu auch die Zuhörer abstimmen: Ihr Votum war ebenso einstimmig.

Danach heißt es u.a. in dem Antrag, den Vorsitzender Rudolf Kölling-Gröning verlas: „Der Stadtteilbeirat Mesum beantragt beim Rat der Stadt Rheine den dauerhaft gesicherten Erhalt der historischen alten Josefschule und die Sanierung und die Nutzung des Gebäudes als ,Kultur- und Bildungszentrum‘. Das bedeutet im Einzelnen: Die Grundsanierung des 1910 errichteten Gebäudes, so wie es das von der Stadtverwaltung 2009 in Auftrag gegebene Gutachten des Architektenbüros Terhechte/Höfker vorsieht. Die Nutzung des Gebäudes durch Mesumer Vereine und Einrichtungen, die fortan für die Gebäudeunterhaltung aufkommen und deren Kosten tragen.“

Der Beirat beantragt gleichermaßen, „den Schulhof als Freifläche im Ortszentrum zu erhalten (Parkplatz, Zugang zu Schule und Sporthalle, Fläche für gemeindliche, öffentliche und vereinsbezogene Zwecke)“. Ferner sichert er in dem Antrag zu, dass „die Mesumer Bürger sich — wie bisher bei ähnlichen Projekten in der Vergangenheit (Friedhofskapelle, Turnhalle an der Franziskusschule), angemessen und mit einem namhaften Betrag durch Eigenleistungen und Spenden an den Renovierungs- und Sanierungskosten beteiligen.“

In einer längeren Anlage erläutert der Stadtteilbeirat, warum die Bürger in Mesum das alte Gebäude mit Platz unbedingt erhalten wollen. Darüber hatte zuvor der Arbeitskreis „Ortsgestaltung Mesum“ in einem längeren Referat ausführlich informiert. Er führte dazu eine Reihe von Argumenten an. Neben der alten Johannesschule von 1904 stellt die Josefschule ein unwiederbringliches Stück in Stein geschaffener Schulgeschichte dar. Als sie vor genau 100 Jahren am 1. April in Betrieb ging, war sie das letzte Schulgebäude, das noch mit Lehrerwohnungen errichtet wurde. Damals gab es noch für alle Lehrer Präsenzpflicht an ihrem Dienstort. Ferner änderte die Gemeinde Mesum mit der Schulinbetriebnahme 1910 eine uralte Rechtsgewohnheit: Die Lehrer bekamen fortan ihr Gehalt voll ausgezahlt, mussten allerdings im Gegenzug darauf verzichten, ein Stück Gemeindeland als Acker für ihren Lebensunterhalt bewirtschaften zu wollen.

Die Josefschule ist nicht nur wegen ihrer reizvollen Architektur eines schönsten Gebäude in Mesum, sondern steht als sichtbares Dokument für eine Zeit, als die Industrialisierung in Mesum ihre Blütezeit erreichte. Nach dem Bahnhofsbau 1856 erlebte die kleine bäuerliche Gemeinde Mesum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen beispiellosen Aufschwung. Erste Fabriken entstanden, die Einwohnerzahl verdoppelte sich: 1818 waren es 714, 1907 schon 1500. Wachstum, Aufschwung und Wohlstand veränderten und prägten für alle sichtbar das Ortsbild: Darunter waren nicht nur prachtvolle private Bauten, sondern vor allem öffentliche Bauwerke und Solitärgebäude wie neue Kirche 1887-1890, Johannesschule 1904, Pastorat 1905, Krankenhaus 1909 und Josefschule 1910.

Namhafte und große Mesumer Vereine wie TV Mesum, Schützenvereinigung Mesum 1877 und Heimatverein wollen gemeinsam mit der Familienbildungsstätte Rheine, die hier für den Südraum Rheine eine zentrale Außenstelle einrichten möchte, die Josefschule als „Kultur- und Bildungszentrum“ nutzen und haben dazu mit dem VMV ein Nutzungskonzept erarbeitet. Dazu gehören die Einrichtung von Archivräumen und die Durchführung von Kursen für Erwachsenenarbeit, Gymnastik, Weiterbildung und Kindererziehung. Damit soll das 100-jährige Haus als Ort für Bildung und Begegnung wieder seine ursprünglichen Funktionen zurückbekommen.

In der sachlich und engagiert geführten Diskussion im Stadtteilbeirat, an der sich die Bürger intensiv beteiligten, spielten der Erhalt des ehemaliges Schulhof und Finanzfragen eine wichtige Rolle. Betont wurde, dass es den Platz nicht ohne Schulerhalt und umgekehrt geben kann. „Wer den Schulhof will, muss auch das Schulgebäude wollen. Denn die Alternative dazu ist nach Abbruch der Josefschule ein Zubauen der Fläche mit Einfamilienhäusern,“ sagte unmissverständlich und unwidersprochen ein Zuhörer.

In aller Kürze soll ein Förderverein gegründet werden, der für Eigenleistungen werben und Sponsoren ansprechen wird. Darin können sich die Mesumer Bürger dafür engagieren, dass das Jubiläumsjahr 2010 für das alte, denkmalwerte Schulgebäude nicht zu einem Schicksalsjahr mit negativem Vorzeichen wird mit dem Ergebnis: 100 Jahre alt geworden und dann Ende!


Sachlich und engagiert diskutierten Stadtteilbeiratsmitglieder und Bürger zum Erhalt der Josefschule

Text und Bild: Franz Greiwe